Seit 1987 vermehrten wir uns fleißig, so dass ein Solomotorrad schließlich nicht mehr für 5 Personen und einen Hund ausreichte. Das Motorrad fahren wollte ich nicht aufgeben, auf gemeinsame Ausflüge mit Frau, Kindern und Hund wollte ich aber auch nicht verzichten. Was lag näher als ein Gespann? Als Zugpferd sollte es eine Moto Guzzi haben, und der Beiwagen musste natürlich drei Kinder aufnehmen können.
Zunächst fand ich in Köln eine Moto Guzzi 850 T3 mit einem Jupiter-Beiwagen für 7900 DM. Das war schon mal mehr als die halbe Miete, denn so ein Umbau kostet häufig fast so viel wie ein Motorrad. Während ich nun nach einem größeren Beiwagen suchte, übte ich das Gespann fahren: Es war nicht so schlimm, wie ich es befürchtet hatte, aber man muss sich schon sehr stark konzentrieren.
Für meine Zwecke hätte ich eigentlich einen Watsonian "Oxford" (4-Sitzer) benötigt, aber der war gebraucht nicht so einfach zu finden. Schließlich fand ich den Watsonian "Palma" für 3300 DM. Das war zwar nur ein Zweisitzer, wir hatten aber eine Idee, wie wir ihn umbauen konnten:
Wir bauten den Schalensitz vorn aus und bastelten statt dessen einen Sattelsitz, der durch eine in der Mitte einsteckbare Rückenlehne in zwei Kindersitze hintereinander aufgeteilt werden konnte. Der Notsitz hinten blieb, wie er war.
Der Anbausatz für den Beiwagen, ein paar Rohre und Schrauben und Muttern, kostete noch einmal schlappe 850 DM.
Mit dem Guzzi-Gespann haben wir in den 8 Jahren ca. 35000 Kilometer zurückgelegt. Da ich den Beiwagen recht eng an das Motorrad gebaut hatte, ließ sich das Gespann handlich durch die Kurven fahren. Auch längere Autobahnfahrten konnte ich durch den hohen Lenker und die sehr gute italienische Polizei-Lenkerverkleidung recht entspannt durchhalten.
Der Benzinverbrauch lag bei ca. 8 Litern Super Plus auf 100 Kilometer. Als Höchstgeschwindigkeit habe ich einmal 140 Km/h erreicht (bergab, wahrscheinlich mit Rückenwind). Dauergeschwindigkeit auf der Autobahn 110-120 Km/h).
Bis auf einmal hat uns die Guzzi immer heil nach Hause gebracht. Der Motor lief ruhig und zog die 5-Personen-Fuhre schon bei niedrigen Drehzahlen gut weg! Guzzi-Fahrer erzählten mir früher, dass man keine langen Fahrten mit einer Moto Guzzi machen kann, ohne mindestens einmal schrauben zu müssen - und sei es auch nur ein Birnenwechsel. Das kann ich nicht bestätigen! Meist ging es unterwegs ohne Schrauberei. Das heißt aber nicht, dass sie wartungsarm war. In der Garage habe ich viele Stunden verbracht, und die letzten Jahre kosteten mich Tausende.
Kleinere und größere Schäden:
- Eine gebrochene Getriebewelle (Getriebeaustausch in Werkstatt)
- Motordichtungen (angeblich Fehler der ersten Werkstatt)
- defekte Kupplung (angeblich Fehler der zweiten Werkstatt)
- Benzinhahn gebrochen (ohne Gewalt)
- Sitzbank durchgesessen
- Radlager im Beiwagen gewechselt (natürlich Zoll-Maße)
- Federbein im Beiwagen defekt
Trotz aller teurer Defekte, die hauptsächlich in den letzten beiden Jahren auftraten, fiel es mir sehr schwer, das Gespann zu verkaufen, als die Kinder zu groß wurden und außerdem viel lieber auf einer Solomaschine mitfahren wollten. Wenn ich heute ein Gespann sehe, bekomme ich einen sehnsüchtigen Blick. Wenn ich aber eine Moto Guzzi höre, werden meine Knie weich. Wenn ich dann aber sehe, dass die Guzzi, die ich hörte, einen Beiwagen hat, träume ich von mehr Platz in der Garage und natürlich vom nötigen Kleingeld.
Nicht dass jetzt einer denkt, ich wäre mit meiner Yamaha XJ600 unzufrieden, aber da ist irgend etwas, das hat nur die Moto Guzzi!
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