Pfadfinder-Trophäe 1977

- Abenteuer in den Alpen, Teil 3 -


6. Fahrt: "Kehren und Schotter"

Vor einigen Tagen habe ich den Lockruf des Südens gehört und kurz darauf die Faszination hoher Alpenpässe kennen gelernt. Heute verbinde ich beides miteinender.

Zunächst fahre ich über den Reschenpass nach Südtirol hinein. Tatsächlich, der Süden des Passes ist so ganz anders als die Nordseite. Die Straße schlängelt sich leicht durch ein weites, grünes Tal. Der Eindruck, dass ich mich auf einem Alpenpass befinde, kommt gar nicht auf. Viele Obstplantagen säumen den Straßenrand. Ich genieße die ruhige Fahrt bei strahlendem Sonnenschein, aber irgendwie freue ich mich doch schon auf das, was gleich kommt: das Stilfser Joch!

Endlich ist es dann soweit. Vor mir ragt die Wand auf, die ich mit dem Motorrad erklimmen möchte. Vierundachtzig Kehren sind angesagt und ein Höhenunterschied von fast 2000 Metern. Das wird ein Spaß! Aber genau das denken viele, und so kommt es, dass ich nicht allein auf der Straße bin. Häufig hänge ich eine Zeit lang hinter Bussen und Fahrzeugkolonnen fest, bis sich dann und wann einmal die Möglichkeit zum Überholen findet. Da ich mir nun einmal fest vorgenommen habe, den Motorradsport bis ins hohe Alter gesund und munter zu betreiben, überhole ich grundsätzlich nur, wenn die Gegenfahrbahn frei ist. Aber ich ärgere mich nicht weiter und genieße die schöne Aussicht nach unten, ins Tal, und nach oben zum Ortler. Auf der Passhöhe hält es mich nicht sehr lange - zu viele Souvenierläden, Würstchenbuden und Touristen (ja, ja, ich weiß, ich bin ja auch einer).

Die Abfahrt in Richtung Bormio ist sicher nicht so spektakulär, gefällt mir aber besser. Kurven und Landschaft sind interessanter. Am Ortseingang biege ich nach rechts ab in Richtung Livigno, auf den Foscagnopass, Wasserscheide Mittelmeer/Schwarzes Meer. Auf der Passhöhe mache ich das Wertungsfoto. Als ich nach dem Foto losgehe, um den Fotoapparat zu holen, kracht es hinter mir. Der Asphalt wurde von der Sonne aufgeweicht, und meine Honda liegt, die Räder leicht oben, am Hang. 215 Kilogramm von unten nach oben zu heben sind für einen 59-Kilo-Menschen keine Kleinigkeit, und so bin ich bei dieser Hitze, als die Maschine wieder aufrecht steht, wesentlich nasser als auf der Hinfahrt, nach acht Stunden Regen! Das beunruhigende Zischen tropfenden Benzins wird erfreulicherweise nur durch einige Tropfen verursacht, die aus dem Überlauf geflossen waren. Ich habe wirklich Glück, denn außer einem leicht verbogenen Bremshebel und einem winzigen Stückchen, das von einer Kühlrippe des rechten Zylinders abgebrochen ist, ist kein Schaden entstanden!

Livigno ist eine zollfreie Zone und das bedeutet erst einmal: billig tanken! Knapp mehr als die Hälfte des normalen Benzinpreises bezahle ich hier. Schade, dass der Tank nicht doppelt so groß ist!

Die Strada di Motta, Wasserscheide Mittelmeer/Schwarzes Meer, führt mich zum Berninapass. Den kenne ich ja schon. Auch wenn mich die herrliche Aussicht auf die tolle Landschaft wieder fasziniert, so genieße ich heute einmal mehr die Reize der Straße für den Motorradfahrer und fahre etwas flotter. Danach wende ich mich nach Westen, um auf dem Malojapass das Wertungsfoto zu machen, das ich vor ein paar Tagen vergaß.

Zurück geht es wieder, am Inn entlang, durchs Engadin. Langsam kenne ich die Straße immer besser und es ist ein Genuss, wenn Schräglagen und Landschaft so harmonieren (aber nicht gleichzeitig gucken und heizen!).

7. Fahrt: "Abschiedsrunde"

Gleich am nächsten Tag mache ich die nächste Tour. Für die Wertung der Pfadfinder-Trophäe sind drei Straßen über die Wasserscheide Nordsee/ Schwarzes Meer vorgesehen: die Silvretta-Straße und zwei davon abgehende Straßen zum Kops-Stausee. Bilderbuchwetter ist wieder einmal mein Begleiter. Zum Warmfahren der Reschenpass, Nordseite, zum Genießen der Aussicht die Silvretta-Straße, zum Kennenlernen Liechtenstein und Chur und zum Austoben der Flüelapass und die Inntalstraße durchs Engadin. Ein herrlicher Abschluss!

8. Fahrt: "Rückfahrt - anders als geplant, aber auch nicht schlecht"

Früh um 8:30 Uhr, für mich also mitten in der Nacht, starte ich zur Rückfahrt. Ca. 200 Wertungspunkte will ich heute schaffen, wenn ich flott fahre. Mit den Wertungsfotos beginne ich in Zürs. Von dort führen zwei Straßen zur "Roten Wand" über die Wasserscheide Nordsee/Schwarzes Meer.

Durch einen Stau auf dem Hochtannbergpass hinke ich leider schon hinter meinem Zeitplan her, als ich in Oberstaufen ankomme (Hier finde ich übrigens das einzige Schild auf meinen Fahrten, das auf eine Wasserscheide hinweist). Zwischen Kalzhofen und Immenstadt halte ich an, um einem Motorradfahrer mit einer liegengebliebenen alten 250er BMW zu helfen. Nach einer Stunde finden wir endlich den Fehler: durch ein kleines Loch im Tank tropft immer wieder Benzin auf die Zündung. Der gezielte Einsatz von Kontaktspray hilft jetzt.

Beim nächsten Fotostopp hält ein Motorradfahrer an und fragt, ob ich eine Panne hätte. Habe ich nicht! Seit ich die 400er Honda fahre, kenne ich so etwas nicht! Na, dann macht er eben ein Wertungsfoto von mir, hat er doch schon von unserem Wettbewerb gehört! Gerade fotografiert er, da kracht es laut hinter ihm. Unter seiner 400er Honda hat der Asphalt nachgegeben! Wir heben sie auf und stellen fest, dass die Scheibe der Verkleidung einen Riss hat. Das tut mir furchtbar leid, denn er hat ja angehalten, um mir zu helfen, und nun hat er den Schaden davon. Ausgehend von der Pfadfinder-Trophäe beginnt ein längeres Gespräch über Wettbewerbe, Motorradmarken, Treffen und so weiter - also ein typisches Benzingespräch! Erst geraume Zeit später trennten sich unsere Wege in verschiedene Richtungen.

Nach einigen weiteren Fotohalten, viele Kilometer weiter, an einem weiteren Ortschild, treffen wir uns doch noch einmal wieder. Schön, wenn man "Alte Bekannte" trifft, und deswegen nehmen wir unser unterbrochenes Gespräch wieder auf und plaudern weiter, bis ich einmal auf meine Uhr schaue. Schon 15:00 Uhr!!! Jetzt aber schnell nach Hause! Um 22:00 Uhr schließt die Pommesbude und nach so einer langen Fahrt ohne Essen (das hält ja nur auf) möchte ich doch noch gern ein großes Schnitzel zum Bier essen! Unterbrochen von zwei Tankstopps komme ich reibungslos bis Dortmund durch. Natürlich bekomme ich um 21:45 noch meine wohlverdiente Mahlzeit!

Von den geplanten 200 Punkten habe ich nur 175 erreicht. Das stört mich aber gar nicht, denn heute habe ich mich nebenbei noch dreimal sehr gut unterhalten. Auch wenn ich nicht unbedingt immer Letzter werden möchte, so gilt für mich immer noch der "Olympische Gedanke"!

Ergebnis

Mit 344 Punkten habe ich in diesem Jahr zwei Ziele erreicht: ich habe weitaus mehr als 100 Punkte geschafft und bin mit Platz 10 von 31 Teilnehmern in meiner Wertungsgruppe sogar im oberen Drittel gelandet. Da bleibt mir für das nächste Jahr doch wieder ein neues Ziel: ein Platz unter den Preisträgern mit einem Pokal in der Hand! Ich freue mich auf die nächste Saison und natürlich auf die Siegerehrung in Adnet!

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